Errungenschaften der Kampagne “Fruits of Solidarity” 2018 – Brief aus Griechenland

Hier ein Bericht von DOCK aus Griechenland zu interessanten und wichtigen Entwicklungen sowohl bei unseren Produzentenkooperativen wie auch bei unserer Partnerorganisation DOCK:

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir möchten uns bei Euch für die anhaltende Unterstützung unsere Kampagne “Fruits of Solidarity” recht herzlich bedanken! Für uns ist ein wichtiges Anliegen und eine moralische Verpflichtung, alle Beteiligten über die positiven Auswirkungen und Errungenschaften dieser Kampagne auf dem Laufenden zu halten.

Deswegen bekommt Ihr hiermit ein kurzes Update zu den Entwicklungen bei den beteiligten Kooperativen und DOCK im vergangenen Jahr.

Zu MODOUSA

Als sich die Mitglieder der Genossenschaft Modousa zur letzten öffentlichen Vorstandssitzung im Jahr 2018 zusammenfanden, waren sie überrascht über die vielfältigen Aktivitäten vor Ort. Der Besprechungsraum der Genossenschaft dient Musikbands von Jugendlichen aus der Gegend als Studio und Übungsraum, während der große Saal hin und wieder als in Indoor-Volleyballplatz genutzt wird!

Die noch aus der vorindustriellen Zeit stammende Produktionsanlage mit ihrer alten Olivenpresse, die sich im Besitz der Genossenschaft befindet, bietet nach umfangreichen Renovierungen einen tollen Ort für ganz unterschiedliche Aktivitäten für Leute aus der Region. Ein Ziel ist es, das besondere lokale kulturelle und industrielle Erbe der Insel zu fördern und zu bewahren. Vor drei Monaten etwa fand hier ein kleines Theaterfestival für Amateurgruppen statt, alle beteilgten „Schauspieler“ kamen aus der lokalen Bevölkerung.

In dem vor knapp zwei Jahr gegründeten Laden verkauft Modousa inzwischen nicht nur auf der Insel hergestellte Produkte, sondern auch solche von anderen Genossenschaften aus der nördlichen und östlichen Ägäis. Modousa ist Mitglied eines neu gegründeten Netzwerks von ähnlichen Nachbarschaftsläden zur Förderung der lokalen Ökonomie.

Nach etlichen Monaten voller bürokatischer Hindernisse (inzwischen wurde sogar ein entsprechendes Gesetz geändert) gehen wir davon aus, dass Modousa nun endlich die für die Intriebnahme der eigenen Abfüll- und Verpackungsanlage benötigte Lizenz erhalten wird. Es ist geplant, die Olivenerzeugnisse aus der letzten Ernte dort erstmals selbst abzfüllen bzw. zu verpacken, was u.a. zu erheblichen Kostenersparnissen beitragen wird.

Es gibt darüber hinaus ein weiteres ehrgeiziges Projekt: der Erwerb eines Olivenhains für öffentliche Forschungszwecke. Modousa hat dafür ein 100 Hektar großes Grundstück eines inzwischen verlassenen Weinguts vorgesehen und will dort in Kooperation mit entsprechenden Universitätseinrichtungen wissenschaftliche Forschung und Experimente zur Verbesserung der lokalen Olivensorten durchführen. Trotz der Zusage von staatlichen Stellen bis hinauf zum Premierminister ist das Gelände bislang noch nicht offiziell an die Kooperative übergeben worden. Die Genossenschaftsmitglieder bleiben jedoch, auch was das angeht, hoffnungsfroh. Ihre Zahl hat sich noch einmal deutlich erhöht: von 63 im Jahr 2017 auf derzeit 77.

Zu GREENLAND

Auch bei Greenland hat sich im vergangenen Jahr viel getan: Einer Reihe von neuen Ideen und Projekten folgte eine Verdoppelung ihrer Mitgliederzahl: auf derzeit ein gutes Dutzend.

2018 hat das Forschungs- und Entwicklungsteam von Greenland nicht nur das Sortiment um eine neue Paste und weitere Oliven-Produkte (Oliven mit Tomaten oder mit Peperoni) erweitert und mit neuen Verpackungstechniken experimentiert. Ein zentraler Schritt war darüber hinaus, Angebote im Bereich des Agro- und Ökotourismus zu entwickeln. Einige von Euch sind bereits in den Genuss von Greenlands Führungen durch ihre Olivenhaine und Fertigungsanlagen sowie ihre großartige Gasfreundschaft gekommen.

Diese neuen Aktivitäten sind auch ein Versuch, mehr Menschen aus der lokalen Bevölkerung einbeziehen und an wirtschaftlichen Tätigkeiten und potenziellen Einkommensquellen zu beteiligen: entweder als Lieferanten für Produkte oder als Dienstleister. Greenland will mit den Bemühungen, einen “sanften Tourismus” in das hügelige Hinterland von Kalamata zu bringen, nicht nur die natürliche Umwelt schonen und die lokale Kultur pflegen, sondern sieht diesen als wichtige Ressource, um bestimmte ökologische Anbau- und Produktionsmethoden in der Gegend zu fördern. Damit leistet Greenland zudem einen wichtigen Beitrag zu der Weiterentwicklung der regionalen Genossenschaft Sterna (ca. 200 Mitglieder), der die Gruppe seit Beginn angehört.

Aber Greelands Engagement geht noch weiter. Zusammen mit anderen versuchen sie, die Ursprungsbezeichnung Kalamata-Oliven international schützen zu lassen. Nur Oliven, die unter bestimmten Bedingungen angebaut werden, sollen demnach in Zukunft diese Bezeichnung tragen dürfen. Zugleich entstanden im Rahmen dieses Vorhabens diverse wissenschaftliche und produktive Synergieeffekte. Durch einen verstärkten Austausch zwischen regionalen Olivenproduzenten und Erzeugergemeinschaften gibt es z.B. Initiativen, gemeinsam gegen Phänomene wie die „Dakos-Plage“ vorzugehen. Dabei handelt es sich um den Befall mit Schädlingen (Olivenfruchtfliegen), der durch den Klimawandel zugenommen und im vergangenen Jahr in ganz Griechenland zu erheblichen Ernteeinbußen geführt hat.

Zu DOCK

Auch für uns war das letzte Jahr ein überaus ereignis- und arbeitsreiches Jahr. Wir hatten viele Kontakte und Treffen mit Gruppen, die konkrete Initiativen und Projekte im Bereich soziale und soldarische Ökonomie in Griechenland planen oder bereits umsetzen, aber nach Unterstützung suchen. Vielen konnten wir auf ihren ersten Schritten begleiten und wichtige Hilfestellungen bieten. Im Jahr 2018 haben uns 180 Gruppen kontaktiert, mit 22 von ihnen haben wir uns persönlich getroffen und eine intensivere Beratung durchgeführt. Diese Dienstleistungen bieten wir in der Aufbauphase von Genossenschaften und anderen Projekten prinzipiell kostenlos an.

Ein weiteres Aufgabenfeld war die Erstellung und Verbreitung von Publikationen und „Leitfäden“ zum Thema soldarische Ökonomie und kollektive Organisationsformen (Genossenschaften etc.) bzw. zu den institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür in Griechenland. Außerdem haben wir uns der Organisation einer Reihe von größeren Veranstaltungen zu diesen Inhalten beteiligt und an Schulungen und Weiterbildungen in diesem Feld teilgenommen.

Die größte Herausforderung, vor der wir gerade stehen, ist, dass die Führung von Syriza nach langem Hin und Her beschlossen hat, unser Organisationsmodell – Beratung für Initiativen, die im Bereich soldarische Ökonomie tätig sind oder werden wollen – zu übernehmen und zur offiziellen Regierungspolitik zu machen. Der Plan von Syriza sieht vor, im ganzen Land für einen Zeitraum von 30 Monaten sogenannte „Support Center“ zur Förderung der solidarischen Ökonomie zu finanzieren. Wir begrüßen diese Initiative, weil sich in den letzten Jahren gezeigt hat, dass es in Griechenland einen großen Bedarf an Beratung für Gruppen und Organisationen gibt, die in diesem Bereich tätig werden wollen. Das Problem ist, dass derzeit noch nicht absehbar ist, wann dieser Absichtserklärung auch Taten folgen werden.

Sollten diese Unterstützungs- und Beratungszentren irgendwann tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen, werden wir von DOCK unseren organisatorischen Fokus verändern. Unser Plan ist, die aus der Kampagne „Fruits of Solidarity“ resultierenden Einnahmen in Zukunft vor allem für die Unterstützung und den Aufbau von konkreten Projekten der solidarischen Ökonimie sowie von Netzwerken und Synergien zu verwenden, die sich jetzt noch in einem Start-up-Modus befinden. Wir werden Euch darüber zeitnah informieren.

DOCK
Athen, Januar 2019